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Hallo liebe Wefugees,
ich habe letzte  Woche endlich geheiratet. Geklappt hat alles nachdem wir das Standesamt gewechselt hatten und eine sehr nette Standesbeamtin uns auf unserem Weg begleitet und getraut hat.
Nun sind wir aber ratlos. Mein Mann ist aus Pakistan, im Asylverfahren und hat eine Duldung.
Der Landkreis in dem ich wohne sagt, das sein Asylantrag sowieso abgelehnt werden würde und er spätestens dann ausreisen müsste. Deshalb sollte er jetzt das Asylverfahren beenden und von Pakistan aus ein Visum für Familienzusammenführung stellen da er nicht mit dem richtigen Visum geheiratet hätte.  Das Visumprocedere von Pakistan aus dauert über 2 Jahre.
Muss er wirklich ausreisen und diesen Weg gehen?

Danke für Antworten und Hilfe.

Heike
asked Dec 3, 2020 in Legal advice by Heike | 834 views

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2 Answers

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Liebe @Heike,

herzlich Willkommen zurück auf der Wefugees Plattform und danke für deine Frage!

Erst einmal sind das ja tolle Nachrichten und ich freue mich sehr zu hören, dass sich eure Geduld gelohnt hat und ihr nun heiraten konntet! Alles Gute für euch! Es ist auch interessant zu erfahren, dass im Zweifel vielleicht auch ein Standesamt-Wechsel hilfreich sein kann.

Nun zu deiner Frage:

Da dein Mann jetzt eine Duldung besitzt, vermute ich, dass das BAMF im Asylverfahren zunächst negativ entschied und ihr dann gegen diese Entscheidung geklagt habt? Die Asylanerkennungsquote für Menschen aus Pakistan mag in Deutschland im Vergleich eher gering sein, dennoch wurde circa 11-12 % der Schutzsuchenden aus Pakistan im Jahr 2019 im Klageverfahren laut dieser Broschüre des BAMF (Näheres auf Seite 65) ein humanitärer Status zugesprochen. Die Chance ist also nicht gleich Null. Außerdem hat das ja nicht der Landkreis sondern der/die zuständige Richter/in zu entscheiden. Wenn ihr in einem Klageverfahren seid, dann habt ihr sicherlich auch anwaltliche Unterstützung oder? Ich würde es sehr gründlich mit dem Anwalt bzw. der Anwältin besprechen, ob der Asylantrag zurückgezogen werden sollte. 

Falls ihr euch doch entscheidet, eine Aufenthaltserlaubnis §28 (als Ehegatte einer Deutschen) anzustreben, würde ich euch auch empfehlen, mit jener anwaltlichen Person Gründe und Argumente zu sammeln und darzustellen, die gut erklären, dass eine Ausreise und ein Visumverfahren für deinen Mann unzumutbar sind (bspw. Betreuung der Kinder, Verlust des Arbeitsplatzes etc.). Dies müsstet ihr der Ausländerbehörde glaubhaft machen. Ich verlinke hier auch noch einmal zwei unserer Expert*innen. Lieber @mbe-on_Zsigó oder liebe @mbeon-Ruth, stimmt ihr mir zu und/oder habt ihr eventuell noch andere Tipps?

Komm auf jeden Fall gerne auf uns zurück, wenn Rückfragen sind.

Alles Gute,

Meike

answered Dec 4, 2020 by Meike
Liebe Meike,
vielen Dank erst einmal für die schnelle Antwort.
Wir haben noch keinen Anwalt und sind noch nicht im Klageverfahren da es bis jetzt noch keine Entscheidung bei meinem Mann gibt.

Problem ist - auf Grund seines familiären Hintergrundes kann mein Mann nicht nach Pakistan.  Zuvor wurde sein Pass bereits zweimal von der pakistanischen Regierung als ungültig erklärt und seit 2015 versucht er wieder einen pakistanischen Pass zu bekommen. Immer wieder erhält er einen negativen Bescheid von der pakistanischen Botschaft hier in Deutschland.  Letztendlich war es ihm möglich 2019 einen Pass in Paris/Frankreich zu bekommen.
Wenn er jetzt nach Pakistan reisen würde, dann würde ihm von der pakistanischen Regierung aus der Pass direkt am Flughafen abgenommen und für ungültig erklärt werden. Er könnte dann niemals wieder irgendwo hin reisen und das ist etwas was ich nicht möchte.
Ich möchte, dass er hier bei mir ist und mit mir lebt. Er ist mir eine große Unterstützung mit meinem Sohn.
Er könnte hier sofort Arbeit  bekommen und würde den Staat nie belasten.  Dafür braucht er nur die Erlaubnis zu Arbeiten und hier zu bleiben. Deutsch kann er übrigens auch schon gut lesen, schreiben und sprechen.

Ich hoffe wirklich,  dass wir einen Weg finden.

Ich hoffe weiter auf Ratschläge und Tipps.

Vielen Dank
Heike

Liebe @Heike

danke für deine Rückmeldung. 

Verstehe, dann hat dein Mann wahrscheinlich keine Duldung, sondern eine Aufenthaltsgestattung, wenn er noch im Asylverfahren ist. Solange er im Asylverfahren ist, kann er natürlich auch nicht zur Ausreise aufgefordert bzw. abgeschoben werden. 

Bezüglich des Passes: Das klingt ja in der Tat kompliziert. Für eine Aufenthaltserlaubnis nach §28 AufenthG als Ehepartner einer Deutschen möchte die Ausländerbehörde sicherlich einen Pass sehen. Falls ihr die AE irgendwann dann doch beantragen wollt, müsstet ihr euch in diesem Punkt auch besser anwaltliche Unterstützung suchen. Mir sind die genauen Umstände natürlich so nicht bekannt, aber er scheint ja in der Tat Probleme mit der Regierung zu haben. In jeden Fall gilt, so lange er im Asylverfahren ist, nicht die pakistanische Botschaft aufsuchen bzw. deren Dienste in Anspruch nehmen wollen! Er hat ja einen Asylantrag gestellt, weil er sagt, dass die pakistanische Regierung seine Sicherheit quasi nicht mehr gewährleisten bzw. sogar eine Gefahr für diese darstellt! Das könnte negative Konsequenzen - mindestens auf seine Glaubwürdigkeit - haben! 

Weiterhin alles Gute und kommt gerne auf uns zurück, falls ihr Rückfragen habt. 

Beste Grüße, 

Meike

Liebe Meike,
nein, nein - bislang hat mein Mann tatsächlich nur eine Duldung.
Bislang hat er seinen Antrag auf Asyl auch nicht zurück genommen.  Die Ausländerbehörde sagte mir, dass er dann sofort ausreisen müsste.
Einen gültigen Pass hat er - der ist der Ausländerbehörde im Aufnahmelager ausgehändigt worden.
Würde er den Asylantrag zurück ziehen,  dann würde er seinen Pass wieder bekommen,  müsste aber ausreisen nach Pakistan. In Pakistan würde ihm der Pass abgenommen und er würde keinen neuen bekommen und könnte somit auch nicht zurück zu uns.
Das wollen wir auf jeden Fall vermeiden.

Beste Grüße

Heike
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Liebe @Heike,

schön, dass du eure Fragen mit der Wefugees-Community teilst.

Ich schließe mich in weiten Teilen Meike an und möchte noch folgendes ergänzen.

§5 AufenthG (allgemeine Erteilungsvoraussetzungen)

1) Die Erteilung eines Aufenthaltstitels setzt in der Regel voraus, dass

1.der Lebensunterhalt gesichert ist,

1a.die Identität und, falls er nicht zur Rückkehr in einen anderen Staat berechtigt ist, die Staatsangehörigkeit des Ausländers geklärt ist,

2.kein Ausweisungsinteresse besteht,

3.soweit kein Anspruch auf Erteilung eines Aufenthaltstitels besteht, der Aufenthalt des Ausländers nicht aus einem sonstigen Grund Interessen der Bundesrepublik Deutschland beeinträchtigt oder gefährdet und

4.die Passpflicht nach § 3 erfüllt wird.

(2) Des Weiteren setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis, einer Blauen Karte EU, einer ICT-Karte, einer Niederlassungserlaubnis oder einer Erlaubnis zum Daueraufenthalt – EU voraus, dass der Ausländer

1.mit dem erforderlichen Visum eingereist ist und

2.die für die Erteilung maßgeblichen Angaben bereits im Visumantrag gemacht hat.

Hiervon kann abgesehen werden, wenn die Voraussetzungen eines Anspruchs auf Erteilung erfüllt sind oder es auf Grund besonderer Umstände des Einzelfalls nicht zumutbar ist, das Visumverfahren nachzuholen. Satz 2 gilt nicht für die Erteilung einer ICT-Karte.

Das heißt, von der Voraussetzung der Ausreise kann abgesehen werden (ist also Ermessen der ABH). In eurem Fall würde ich (zur Not mit einem Anwalt und vor Gericht) argumentieren, dass das Ermessen der ABH auf Null reduziert ist. Heißt konkret: Dein Mann hat a) einen Anspruch auf Erteilung und b) ist es nicht zumutbar, auszureisen (unmöglich während des Asylverfahrens, dazu unklar, ob er je wieder einreisen könnte wegen der Passproblematik und unzumutbar wegen der Trennung der Familie auf ungewisse Zeit (Schutz von Ehe und Familie). Dazu natürlich noch Corona! Unzumutbar, in ein instabiles Land wie PAkistan auszureisen, wo im Moment niemand weiß, wie es mit Corona (Reisesperren etc,) weitergeht. Ich glaube ihr habt da ganz gute Aussichten, das durchzukriegen. Wenn die ABH ablehnt, muss sie das nämlich begründen und diese Begründung kann der Anwalt angreifen.

Seinen Asylantrag muss dein Mann auch nicht zurückziehen, den kann er nebenbei "laufen lassen", man kann in Deutschland nämlich auch mehr als einen Aufenthaltstitel haben (z.B. §28 Ehegattennachzug und einen humanitären Aufenthaltstitel). Dass er im laufenden Verfahren und ohne ablehnden Bescheid eine Duldung hat, kann eigentlich nicht sein. Das solltet ihr mit einem Flüchtlingsberater oder Anwalt genauer anschauen. Es wäre theoretisch nur möglich, wenn er einen ablehnenden Dublin-Bescheid hatte und die Überstellungsfrist läuft, aber das scheint ja bei euch nicht der Fall zu sein.

Arbeiten kann er auf Antrag auch mit Duldung/Aufenthaltsgestattung. Wenn er den §28 bekommt, darf er auch ohne Erlaubnis arbeiten.

Ich hoffe ich konnte dir etwas weiterhelfen.

Solltest du noch mehr über deinen Einzelfall wissen wollen, kannst du mich auch über die App "mbeon" (kostenlos im Google Playstore) anschreiben. Mein Name dort ist "Euskirchen, Frau Schaefer".

Ich wünsche dir und deiner Familie alles Gute und vor allem Gesundheit.

Viele Grüße

mbeon-Ruth

answered Dec 7, 2020 by mbeon-Ruth
Vielen lieben Dank @mbeon-Ruth! Sehr hilfreiche und wichtige Infos, super :-) Beste Grüße, Meike
Liebe Maike,
liebe mbeon-Ruth,

Vielen Dank für die Ratschläge und Tipps.
Erst einmal waren wir jetzt los und haben meinen Mann unter meiner Adresse angemeldet.
Als nächstes folgt dann die Ausländerbehörde.

Gerne melde ich mich auch noch einmal direkt bei dir mbeon-ruth - danke für das Angebot.

Ich werde berichten wie es bei uns weitergeht.

Liebe Grüße
Heike
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